Kurz erklärt
Der Verlust eines geliebten Menschen gehört zu den schmerzhaftesten Erfahrungen im Leben. Was bleibt sind unsere Erinnerungen an die Person und an die gemeinsame Zeit. Sich an den Verstorbenen zu erinnern, kann sehr schmerzhaft sein, aber auch positive Auswirkungen auf den Trauerprozess haben. Erinnerungen ermöglichen es uns, die Beziehung zum Verstorbenen in Gedanken fortzuführen und den Verlust in unsere eigene Lebensgeschichte zu integrieren. Dabei könnte es eine Rolle spielen, ob sich Trauernde eher an das Leben der Person erinnern oder an Ereignisse, die mit ihrem Tod zusammenhängen.
In ihrem Artikel gehen Dr. Tabea Wolf (Universität Hohenheim), Dr. Emily L. Mroz (Yale School of Medicine) und Dr. Wendy G. Lichtenthal (University of Miami Miller School of Medicine) daher der Frage nach, wie häufig sich Trauernde an Ereignisse erinnern, die mit dem Tod ihres Angehörigen in Verbindung stehen und welche Rolle dabei die Umstände des Todes spielen. Die Grundlage für die Untersuchung bildet eine Befragung von 100 Trauernden, welche unter der Leitung von Dr. Tabea Wolf an der Universität Ulm durchgeführt wurde.
Erinnerungen an die letzten Tage (mit) der verstorbenen Person
Im Rahmen von Onlineinterviews wurden die Teilnehmenden gebeten, bis zu zehn bedeutsame Ereignisse zu erinnern, die sie mit der verstorbenen Person erlebt haben. Insgesamt wurden 786 Erinnerungen berichtet. Die meisten davon beziehen sich auf das Leben (mit) der verstorbenen Person. Knapp ein Fünftel der Erinnerungen weist direkte oder indirekte Bezüge zum Tod des/der Angehörigen auf. Die Autoren teilen diese Erinnerungen in vier Kategorien ein:
- Die letzte Erinnerung: Diese Kategorie umfasst Ereignisse, die den Übergang vom Leben zum Tod beschreiben, sowie Erinnerungen an Momente kurz vor dem Tod.
- Gesundheitsbezogene Ereignisse: Erinnerungen an gesundheitliche Entwicklungen, die zum Tod führten oder dazu beitrugen, wie etwa Stürze oder die Diagnose einer schweren Krankheit.
- Letztmalige Ereignisse: Erinnerungen an Ereignisse oder Aktivitäten, die der Verstorbene das letzte Mal erlebt hat, wie beispielsweise das letzte gemeinsame Weihnachtsfest.
- Zeitliche Referenzen: Erinnerungen, in denen der Tod als zeitliche Referenz genutzt wird (z.B. „Ein Jahr vor seinem Tod...“).
Wie werden die letzten Tage (mit) der verstorbenen Person erinnert und welche Rolle spielen dabei die Umstände des Verlusts?
Die Teilnehmenden gaben an, häufiger über Ereignisse nachzudenken und zu sprechen, die sich direkt oder indirekt auf den Tod beziehen als über Ereignisse aus dem Leben des/der Verstorbenen. Dies gilt insbesondere für Erinnerungen aus der Kategorie der sogenannten letzten Erinnerung an die verstorbene Person. Wie häufig Trauernde über ihre letzte Erinnerung nachdenken oder sprechen hängt hierbei von den Umständes des Todes ab. Wenn der Verlust zeitlich schon länger zurück liegt, wird weniger über die letzte Erinnerung nachgedacht und gesprochen. Dies könnte ein Hinweis darauf sein, dass der Verlust mit der Zeit in die Lebensgeschichte integriert wird.
Die letzte Erinnerung an die verstorbene Person wird hingegen häufiger erinnert, je älter eine die teilnehmende Person zum Zeitpunkt des Verlusts war. Dasselbe Muster zeigt sich für die Kategorie der gesundheitsbezogenen Erinnerungen. Diese Ergebnisse sprechen dafür, dass Erinnerungen an die letzten Tage (mit) der verstorbenen Person einen direktiven Charakter besitzen: Sie helfen dem Trauernden, sich auf zukünftige Herausforderungen, weitere Verlusterfahrungen und den eigenen Tod vorzubereiten.
Erinnerungen an die letzten Tage (mit) dem/der Verstorbenen werden negativer bewertet als Erinnerungen, die sich auf das Leben beziehen. Dies gilt vor allem für die Kategorie der gesundheitsbezogenen Ereignisse und ist ebenfalls abhängig von den Umständen des Todes. Eine wichtige Rolle spielt hierbei, ob man sich von dem/der Verstorbenen verabschieden konnte: Ereignisse, die zum Tod hinführten (z.B. Krankheit oder Unfälle) werden negativer bewertet, wenn man sich nicht von dem/der Verstorbenen verabschieden konnte. Die Ergebnisse der Studie sprechen aber auch dafür, dass diese Ereignisse mit der Zeit als weniger negativ wahrgenommen werden.
Welche praktischen Implikationen haben diese Ergebnisse für den Umgang mit Trauer(nden)?
Nach dem Verlust einer nahestehenden Person kommen Erinnerungen an das Leben (mit) der verstorbenen Person eine wichtige Bedeutung zu. Diese Erinnerungen werden häufig als positiv bewertet und können für Trauernde eine Ressource darstellen. In der Begleitung von Trauernden könnten daher vermehrt Techniken eingesetzt werden, die den Trauernden helfen, die vielen, oftmals schönen Erinnerungen an die gemeinsame Zeit lebendig zu halten
Die meisten Trauernden erinnern sich aber nicht nur an das Leben (mit) der verstorbenen Person, sondern auch an Ereignisse, die mit deren Tod in Verbindung stehen. Auch wenn diese Erinnerungen häufig als negativ bewertet werden, kann das Nachdenken und Sprechen darüber dazu beitragen, den Verlust einer nahestehenden Person in die eigene Lebensgeschichte einzuordnen. Somit stellen auch diese Erinnerungen eine wichtige Ressource im Umang mit dem Verlust dar. Trauernden sollte daher die Möglichkeit gegeben werden, über den Verlust zu sprechen – nicht nur in der Begleitung von Trauernden, sondern auch im alltäglichen Miteinander.
Die Ergebnisse der Studie haben somit nicht nur eine praktische, sondern auch eine gesellschaftliche Relevanz. Der Tod ist ein unvermeidlicher Teil des Lebens. Deshalb ist es wichtig, offen über diese Themen zu sprechen und den öffentlichen Diskurs über Tod, Sterben und Trauer zu fördern.
Referenz:
Wolf, T., Mroz, E. L., & Lichtenthal, W. G. (2024). Remembering the life and dying days of a deceased close other: Memory recall and associations with loss context. Death Studies, Advance online publication. doi: 10.1080/07481187.2024.2414257
Neue Skala zur Messung von Wut: Wie lässt sich Wut zuverlässig erfassen?
Wut ist eine der intensivsten Emotionen, die Menschen erleben, und spielt eine große Rolle in unserem Alltag, sei es im privaten oder beruflichen Umfeld. Aber wie lässt sich Wut eigentlich genau messen? Diese Frage haben sich Robin Umbra und Ulrike Fasbender von der Universität Hohenheim gestellt und in ihrem neuen Forschungsartikel "How to Capture the Rage? Development and Validation of a State-Trait Anger Scale" eine innovative Methode zur Messung von Wut entwickelt.
Warum ist das wichtig?
Wut kann zu Konflikten, Stress und Aggressionen führen, besonders am Arbeitsplatz. Obwohl diese Emotion seit Jahrhunderten in der Literatur und Philosophie thematisiert wird, haben Wissenschaftler erst in den letzten Jahrzehnten begonnen, sie systematisch zu erforschen. Besonders im Arbeitsumfeld ist es wichtig, diese Emotion besser zu verstehen, um Konflikte zu vermeiden und ein positives Arbeitsklima zu fördern. Die neue Skala könnte helfen, präzise zu erfassen, wann und warum Menschen Wut empfinden – sowohl als kurzfristige Reaktion (State-Wut) als auch als Persönlichkeitsmerkmal (Trait-Wut).
Wut in verschiedenen Kulturen – Unterschiede und Gemeinsamkeiten
Ein spannender Aspekt der Forschung ist der Blick auf kulturelle Unterschiede in der Wahrnehmung von Wut. So wurde untersucht, ob englisch- und deutschsprachige Menschen Wut unterschiedlich erleben. Die Ergebnisse zeigen: Während es bei kurzfristigen Wutgefühlen nur geringe Unterschiede gibt, unterscheiden sich die beiden Gruppen bei den langfristigen Wut-Tendenzen. Diese Erkenntnis ist besonders für internationale Unternehmen wichtig, die interkulturelle Teams managen.
Wut und Aggression – was die Forschung zeigt
Ein weiteres Ergebnis der Studie betrifft den Zusammenhang zwischen Wut und aggressivem Verhalten. Die Forscher fanden heraus, dass Wut nicht nur mit offensichtlicher Aggression wie Streit oder verbalen Angriffen verbunden ist, sondern auch mit subtileren Formen, wie sozialer Ausgrenzung oder schädlichem Humor am Arbeitsplatz. Das Verständnis dieser Dynamiken kann Unternehmen helfen, bessere Strategien für Konfliktmanagement und Teamentwicklung zu entwickeln.
Was können Unternehmen tun?
Die neue Skala bietet Praktikern, die in den Bereichen Personalentwicklung, Coaching und Psychologie arbeiten, ein wertvolles Instrument. Sie hilft, emotionale Spannungen im Team zu erkennen und zu verstehen, wer langfristig zu Wut neigt und in welchen Situationen akute Wut aufkommt. Mit diesen Erkenntnissen können Arbeitsplätze so gestaltet werden, dass Konflikte frühzeitig erkannt und gelöst werden, bevor sie eskalieren.
Ein Durchbruch in der Emotionsforschung?
Diese neue Wut-Skala ist nicht nur für Wissenschaftler interessant. Auch Führungskräfte und HR-Manager könnten hiervon profitieren, um die psychische Gesundheit und das Wohlbefinden ihrer Mitarbeitenden besser zu fördern. Wut gehört zum Arbeitsalltag – doch mit den richtigen Werkzeugen lässt sich diese Emotion auch positiv beeinflussen.
Referenz: Umbra, R., & Fasbender, U. (2024). How to Capture the Rage? Development and Validation of a State-Trait Anger Scale. Journal of Personality Assessment. DOI: 10.1080/00223891.2024.2390990.
In der heutigen wissensbasierten Wirtschaft ist die Nutzung der Expertise von Mitarbeitenden entscheidend für den Erfolg von Unternehmen. Gleichzeitig wächst die Altersspanne der Belegschaften aufgrund des demografschen Wandels weiter, was mit einer zunehmenden Vielfalt an Erfahrungen und Perspektiven einhergeht. Ältere Mitarbeitende bringen wertvolles praktisches Wissen ein, während jüngere Mitarbeitende frische Erkenntnisse aus ihrer aktuellen Ausbildung mitbringen. Ein effektiver Wissensaustausch zwischen diesen Gruppen ist für den langfristigen Erfolg von Organisationen von entscheidender Bedeutung. Der Prozess kann jedoch herausfordernd sein, da Mitarbeitende oft Schwierigkeiten haben, zu entscheiden, mit wem sie Wissen teilen oder von wem sie Wissen einholen sollten. Ein wichtiger, aber bisher wenig erforschter Faktor in diesem Zusammenhang ist der Aufwärtsvergleich – also der Vergleich von sich selbst mit Kolleg:innen, die als fähiger oder wissender wahrgenommen werden.
Untersuchung von Aufwärtsvergleichen am Arbeitsplatz
In ihrem Artikel „Conquering Knowledge Exchange Barriers with Age Differences: A Stress Appraisal Perspective on the Consequences of Upward Social Comparisons“ untersuchen Laura Rinker und Prof. Dr. Ulrike Fasbender von der Universität Hohenheim gemeinsam mit Prof. Dr. Fabiola H. Gerpott (WHU – Otto Beisheim School of Management) und Prof. Dr. Anne Burmeister (Universität zu Köln) die Auswirkungen solcher Vergleiche auf den Wissensaustausch zwischen Mitarbeitenden unterschiedlicher Altersgruppen. Die Forschung integriert eine Perspektive des sozialen Vergleichs mit dem Modell des Challenge-Hindrance-Stress, um zu untersuchen, wie die Wahrnehmung von Aufwärtsvergleichen – entweder als motivierende Herausforderung oder als stressauslösende Hinderung – das Verhalten der Mitarbeitenden im Wissensaustausch maßgeblich beeinflussen kann. Die Studien untersuchen auch, wie Altersunterschiede zwischen Kolleg:innen diese Vergleiche beeinflussen.
Aufwärtsvergleiche behindern den Wissensaustausch – aber Altersunterschiede können dieses Hindernis verringern
Zwei experimentelle Studien mit über 600 Teilnehmenden zeigten, dass Aufwärtsvergleiche zu einer Verringerung des Wissensteilens führen, was darauf hindeutet, dass sich Mitarbeitende von der wahrgenommenen Überlegenheit ihrer Kolleg:innen bedroht fühlen. Dieser Effekt wird jedoch abgeschwächt, wenn diese Kolleg:innen entweder jünger oder älter sind als die betreffende Person. So fühlen sich beispielsweise jüngere Mitarbeitende wohler, wenn sie Wissen mit älteren Kolleg:innen teilen – und umgekehrt. Interessanterweise konnte der erwartete positive Effekt, dass die Überlegenheit der anderen Person als wahrgenommene Herausforderung den Wissensaustausch fördern könnte, durch die Daten nicht bestätigt werden.
Was können Organisationen tun, um die soziale Seite des Wissensaustauschs zu nutzen?
Um den Wissensaustausch zu verbessern, sollten Organisationen Strategien in Betracht ziehen, die die sozialen Dynamiken ihrer Teams berücksichtigen. Die Zusammenstellung altersgemischter Teams kann die durch Aufwärtsvergleiche entstehenden Barrieren verringern und ein Umfeld schaffen, in dem verschiedene Perspektiven und Erfahrungen freier ausgetauscht werden können. Um jedoch die Vorteile von Altersdiversität voll auszuschöpfen, müssen Organisationen auch ein positives Klima fördern, das alle Altersgruppen wertschätzt. Effektive HR-Praktiken, die eine inklusive und respektvolle Kultur unterstützen, können ein unterstützendes Umfeld schaffen und den gesamten Wissensaustauschprozess verbessern.
Referenz (Zugang frei verfügbar):
Rinker, L., Fasbender, U., Gerpott, F.H., & Burmeister, A. (2024). Conquering knowledge exchange barriers with age differences: A stress appraisal perspective on the consequences of upward social comparisons. Journal of Occupational and Organizational Psychology. Advance Online Publication. doi: 10.1111/joop.12545 [PDF]
Mit der zunehmenden Alterung der Bevölkerung und der Erhöhung des Renteneintrittsalters werden die Belegschaften in Unternehmen altersdiverser. Gleichzeitig transformiert sich unser Wirtschaftssystem zu einer Wissensökonomie, in der Wissen, anstelle von physischen Gütern und Ressourcen, als strategische Ressource für Gewinne und Wettbewerbsvorteile dient. Der Wissenstransfer, also die gezielte Weitergabe von Wissen zwischen älteren und jüngeren Mitarbeitenden, wird daher immer wichtiger. Unternehmen stehen vor der Herausforderung, das über Jahre aufgebaute Wissen älterer Mitarbeitenden beim Renteneintritt nicht zu verlieren (Pension Brain Drain). Jüngere Mitarbeitende könnten ohne dieses Wissen Schwierigkeiten haben, fundierte Entscheidungen zu treffen. Gleichzeitig bringen sie wertvolle technische Expertise und aktuelles Wissen aus ihrer Ausbildung mit. Um den Wissensbestand zu erhalten und zu erweitern, ist ein effektiver Wissenstransfer notwendig. Doch welche Erkenntnisse liefert die Forschung zu diesem Thema?
Laura Rinker und Dr. Ulrike Fasbender vom Fachgebiet Wirtschafts- und Organisationspsychologie der Universität Hohenheim untersuchten in ihrem Übersichtsartikel „Empirische Evidenz zum Wissenstransfer zwischen jüngeren und älteren Mitarbeitenden - Aktueller Forschungsstand und Ausblick für zukünftige Forschung“ den aktuellen Forschungsstand zum Wissenstransfer zwischen den Altersgruppen. Hierfür wurden 30 relevante Arbeiten identifiziert, die als Grundlage des Überblickartikels fungieren.
Was sind die zentralen Theorien zum Wissenstransfer zwischen älteren und jüngeren Mitarbeitenden?
- Theorie der sozialen Identität (Tajfel & Turner, 1986): Diese Theorie erklärt, wie Menschen ihre soziale Identität durch Gruppenzugehörigkeiten (z.B. Alter) bilden und wie altersdiskriminierende Stereotype den Wissenstransfer beeinflussen können.
- Theorie des Intergruppenkontakts: Auf Basis von Allports Kontakthypothese (1954) argumentiert diese Theorie, dass Kontakt zwischen verschiedenen Altersgruppen Vorurteile abbauen und den Wissensaustausch fördern kann.
- SECI-Modell (Nonaka & Takeuchi, 1995): Das Modell beschreibt die Wissensschaffung in vier Phasen: Sozialisierung, Externalisierung, Kombination und Internalisierung. Es differenziert zwischen implizitem (schwer durch Worte auszudrücken) und explizitem Wissen (leicht durch Worte auszudrücken) und zeigt, wie diese zwischen Generationen ausgetauscht werden können.
- Entwicklungstheorien der Lebensspanne: Diese Theorien untersuchen die Entwicklung von Menschen im Laufe ihres Lebens und wie diese durch verschiedene Faktoren beeinflusst wird.
Welche Inputfaktoren beeinflussen den Wissensaustausch zwischen älteren und jüngeren Mitarbeitenden im positiven Sinne?
Individuelle Faktoren wie das Gefühl, relevantes Wissen zu besitzen und die Verantwortung für dessen Weitergabe zu tragen, fördern den Wissenstransfer. Auch die Motivation zum Austausch sowie ein Bewusstsein für unterschiedliche Wissensarten spielen eine Rolle. Interpersonelle Faktoren wie eine hohe Kommunikationskompetenz und langlebige Beziehungen zwischen den Altersgruppen erleichtern vor allem den Transfer impliziten Wissens. Auf Organisationsebene tragen soziale Interaktionsmöglichkeiten und ein intergenerationales Arbeitsklima positiv zum Wissenstransfer bei.
Welche Inputfaktoren beeinflussen den Wissensaustausch zwischen älteren und jüngeren Mitarbeitenden im negativen Sinne?
Hindernisse beim Wissensaustausch können durch Widerstand gegen Veränderungen und Trägheit bei älteren Mitarbeitenden entstehen.
Was macht den Wissensaustausch zwischen älteren und jüngeren Mitarbeitenden aus?
Der Wissenstransferprozess umfasst drei verschiedene Komponenten:
- Verhaltensweisen: Teilen, Erhalten und Suchen von Wissen.
- Prozessmerkmale: Direktionalität (unidirektional vs. bidirektional) und Modalität (offline vs. online).
- Wissensmanagementansätze: Intergenerationale Teams und Programme wie Trainings und Mentoring (traditionell sowie Reverse-Mentoring).
Welche Outputfaktoren resultieren aus dem Wissensaustausch zwischen älteren und jüngeren Mitarbeitenden?
Individuelle Outputs umfassen die Anwendung neuen Wissens im Arbeitsalltag, Innovation, erhöhte Motivation und Engagement sowie die Erfüllung von Grundbedürfnissen, was die Bindung ans Unternehmen stärkt. Interpersonelle Outputs beinhalten die Verbesserung der Beziehungen und gegenseitige Wertschätzung zwischen den Altersgruppen.
Welche Rahmenbedingungen beeinflussen den Wissenstransfer zwischen älteren und jüngeren Mitarbeitenden?
Positive Rahmenbedingungen umfassen eine offene und ehrliche Persönlichkeit, grundlegendes Interesse am Wissenstransfer und das Entwicklungsstreben jüngerer Mitarbeitenden. Eine hohe Absorptionskapazität neuen Wissens fördert ebenfalls den Wissenstransfer. Als negative Einflüsse gelten Altersunterschiede und gegensätzliche Persönlichkeiten. Organisationale Faktoren wie finanzielle Einschränkungen, hohe Arbeitsbelastung und wirtschaftlicher Druck können Hürden darstellen, während klare, flache Hierarchien den Wissenstransfer unterstützen.
Welche Forschungslücken konnten identifiziert werden?
Rinker und Fasbender identifizierten mehrere Forschungslücken:
- Die Auswirkung emotionaler Aspekte und die Angst vor Ersetzbarkeit von älteren Mitarbeitenden auf den Wissenstransfer.
- Der Einfluss hybrider Arbeitsformate auf den Wissenstransfer, besonders seit der Corona-Pandemie.
- Der Einfluss von Wissenshorten und -verstecken auf den Wissenstransfer.
- Die Auswirkungen des Wissenstransfers auf zwischenmenschliche Beziehungen und die organisationalen Ergebnisse.
- Die Anwendung des erworbenen Wissens im Berufsalltag.
Diese Aspekte bieten zahlreiche Ansatzpunkte für zukünftige Forschungsvorhaben, um das Verständnis und die Effektivität des Wissenstransfers zwischen älteren und jüngeren Mitarbeitenden weiter zu verbessern.
Referenz (Zugang frei verfügbar):
Rinker, L. & Fasbender, U. (2024). Empirische Evidenz zum Wissenstransfer zwischen jüngeren und älteren Mitarbeitenden. Psychologische Rundschau. Advance online publication. doi: 10.1026/0033-3042/a000685 [PDF]
Das Wohlergehen einer Person ist nicht wichtiger als das Wohlergehen einer anderen Person, oder doch? Es ist wichtig, die gesundheitlichen Folgen der Perspektivenübernahme für alle Beteiligten, den Empfänger der Perspektivenübernahme sowie den Perspektivennehmer selbst zu berücksichtigen. Prof. Dr. Ulrike Fasbender (Universität Hohenheim), Prof. Dr. Wladislaw Rivkin (Trinity College Dublin) und Prof. Dr. Fabiola H. Gerpott (WHU Düsseldorf) nehmen das Phänomenen Perspektivenübernahme bei der Arbeit genauer unter die Lupe.
Das Ergebnis: Perspektivenübernahme ist gut für KollegInnen, die Empfänger sozusagen, jedoch nachteilig für einen selbst ist. Konkret zeigten sie, dass die Perspektivenübernahme dem Wohlbefinden der KollegInnen zugutekommt, da sie vom Perspektivennehmer stärker unterstützt werden. Allerdings verringert die Perspektivenübernahme das Wohlbefinden des Perspektivennehmers, indem es seine Selbstregulierungsressourcen erschöpft!
Perspektivenübernahme zeigt also zwei Seiten einer Medaille.
Welchen Vorteil hat die Perspektivenübernahme für KollegInnen?
Zuerst ist es wichtig, das Konzept der Perspektivenübernahme zu verstehen: Es handelt sich um einen kognitiven Prozess, bei dem sich eine Person in die Gedanken einer anderen Person hineinversetzt. Unsere Forschung zeigt, dass die Perspektivenübernahme zu mehr Unterstützung von KollegInnen führt. Diese Unterstützung verringert wiederum die Belastung der KollegInnen bei der Erledigung der Aufgaben. Beispielsweise können KollegInnen, beim Einsatz einer effizienteren Herangehensweise an Aufgaben, durch die erhaltene Unterstützung Energie einsparen, was ihr Wohlbefinden fördert. Einfach ausgedrückt: Perspektivenübernahme ist gut für das Wohlbefinden von KollegInnen.
Welche Kosten entstehen durch Perspektivenübernahme für einen selbst?
Während einer Perspektivenübernahme müssen Mitarbeitende ihre Denkprozess bewusst anpassen, um zu verhindern, dass nicht nur ausschließlich vom eigenen Standpunkt ausgehend geurteilt wird, sondern auch die Perspektiven des anderen miteinbezogen wird. Dazu müssen sie Ressourcen aufwänden um egoistische und selbstzentrierte Impulse zu unterdrücken. Dies kann zu mehr Erschöpfung führen und sich beispielsweise durch eine gesteigerte Müdigkeit am Ende des Arbeitstages, also weniger Energie für Freizeitaktivitäten, bemerkbar machen, dadurch reduziert sich das Wohlbefinden für sie. Anders ausgedrückt: Perspektivenübernahme ist anstrengend und reduziert daher das eigene Wohlbefinden.
Was können Mitarbeitende tun und wie kann die Organisation sie dabei unterstützen?
Während Perspektivenübernahme Vorteile für KollegInnen mit sich bringt, ist es wichtig, das Bewusstsein für die Kosten für den Perspektivennehmer zu schärfen. Wichtig ist, dass dies nicht bedeutet, dass die Mitarbeitende weniger häufig die Perspektive anderer einnehmen sollten. Stattdessen zeigen unsere Ergebnisse, dass Ressourcen investiert werden müssen, was zum Risiko für das eigene Wohlbefinden wird.
Mitarbeitende können dem Ressourcenverbrauch entgegenwirken, indem sie sich aktiv erholen (z.B. Sport treiben). Um die Erholung ihrer Mitarbeitenden zu unterstützen, können Organisationen Mitarbeitende beispielsweise dazu ermutigen, Mikropausen in ihren Arbeitstag einzubauen, oder sie dabei unterstützen, sich von der Arbeit zu lösen, indem sie es ihnen ermöglichen, aktiv eine Grenze zwischen ihrem Arbeitstag und ihrer Freizeit zu ziehen (z.B. nach der offiziellen Arbeitszeit nicht mehr auf Emails zu antworten).
Zudem können Selbstregulierungsstrategien einige der negativen Auswirkungen abfedern. So kann beispielsweise die Einbeziehung täglicher Belohnungen als spezifische Selbstregulierungstaktik sinnvoll sein. Diese Belohnungen können darin bestehen, sich etwas Besonderes zu gönnen. Es ist jedoch anzumerken, dass solche Strategien ein gewisses Maß an Selbstregulierungsressourcen voraussetzen. In Fällen, in denen Mitarbeitende bereits stark erschöpft sind, könnte eine schnelle und mühelose Lösung darin bestehen, sich einfach ein kurzes, amüsantes Video anzusehen.
Referenz:
Fasbender, U., Rivkin, W., & Gerpott, F. H. (2023). Good for you, bad for me? The daily dynamics of perspective taking and well-being in coworker dyads. Journal of Occupational Health Psychology. doi.org/10.1037/ocp0000367 [PDF]
Wie können Unternehmen Arbeit in Veränderungsprozessen gestalten um Mitarbeiter:innen zur Unterstützung zu motivieren?
Die heutige Unternehmenslandschaft ist geprägt von einer starken Dynamik und Schnelllebigkeit. Um als Unternehmen wettbewerbsfähig zu bleiben, sind kontinuierliche Veränderungsprozesse innerhalb eines jeden Unternehmens essentiell. Da die Mitarbeiter:innen die tragende Säule eines jeden Unternehmens sind, sind sie der Schlüssel zur erfolgreichen Umsetzung von Veränderungen.
Traditionell konzentrierte sich die Forschung vor allem auf individuelle Faktoren, welche die Reaktionen der Mitarbeiter:innen auf Veränderungen beeinflussen. Dazu gehören beispielsweise persönliche Einstellungen und demographische Merkmale. Prof. Dr. Ulrike Fasbender und Prof. Dr. Fabiola H. Gerpott gehen jedoch über diesen Rahmen hinaus, indem sie untersuchen, wie Mitarbeiter:innen durch die passende Arbeitsgestaltung motiviert werden können, sich für die Durchsetzung von Veränderungen zu engagieren und somit "intelligenter" zu arbeiten. Dafür untersuchten sie, wie die „Arbeitsgestaltung“, also aufgabenbezogene und soziale Aspekte der Arbeit, die Motivation der Mitarbeiter:innen bezüglich Veränderungen beeinflusst.
Prof. Dr. Fasbender und Prof. Dr. Gerpott argumentierten, dass Arbeitsautonomie und Arbeitskomplexität eine komplexere Rolle bei der Unterstützung der Mitarbeiter:innen bei Veränderungsprozessen spielen, als in der Literatur zur Arbeitsgestaltung üblicherweise angenommen wird.
Konkret schlugen sie ein duales Pfadmodell vor, bei dem die Arbeitskomplexität die Reaktionen der Mitarbeiter:innen auf Veränderungen wie folgt beeinflussen kann: einerseits kann die Unterstützung von Veränderungen durch das Kennenlernen unbekannter Arbeitsverfahren, Verhaltensweisen oder Fähigkeiten gefördert werden, anderseits kann dies auch zu Frustration durch kognitive Überforderung führen. Zudem vermuteten sie, dass Arbeitsautonomie die Unterstützung des Wandels durch Mitarbeiter:innen positiv beeinflusst. Denn die aktive Erkundung wird gefördert, während die Frustration reduziert wird, da die kognitive Überlastung während des Veränderungsprozesses gemildert wird.
Außerdem untersuchten sie, wie gute Beziehungen zu Kolleg:innen als soziale Kontextvariable den Zusammenhang zwischen den beiden Arbeitsgestaltungsmerkmalen und den Reaktionen der Mitarbeiter:innen auf Veränderungen beeinflussen. Prof. Dr. Ulrike Fasbender und Prof. Dr. Gerpott gingen davon aus, dass dies die negativen Auswirkungen der Arbeitsplatzkomplexität abmildern und die positiven Auswirkungen der Arbeitsplatzautonomie verstärken könnte.
Um diese Hypothesen zu überprüfen, wurden im Rahmen eines größeren Forschungsprojekts im Jahr 2021 Daten in drei Wellen gesammelt. Konkret wurden Arbeitnehmer:innen befragt, die angaben, dass sie die Einführung einer neuen Technologie als Veränderung am Arbeitsplatz erlebt hatten. Insgesamt nahmen 470 Arbeitnehmer:innen im Alter zwischen 19 und 66 Jahren an der Studie teil. Die Teilnehmer:innen wiesen eine Vielzahl unterschiedlicher Arbeitskontexte (z. B. Arbeitszeiten, Prozentsatz der IT-Nutzung) und Veränderungsmerkmale (z.B. Zeitpunkt der Einführung, Art der Technologie, Informationskanal) vor, weshalb die Ergebnisse der Studie gut verallgemeinerbar sind.
Welche Rolle spielen Autonomie und Komplexität der Arbeit?
In ihrer Studie fanden Prof. Dr. Fasbender und Prof. Dr. Gerpott heraus, dass eine höhere Arbeitsplatzautonomie mit einer erhöhten aktiven Exploration der Mitarbeiter:innen und einer geringeren kognitiven Überlastung verbunden war. Diese Ergebnisse wurden wiederum mit mehr Unterstützung für Veränderungen und weniger Frustration in Verbindung gebracht. Darüber hinaus zeigten die Daten, dass die Arbeitsplatzkomplexität zwar mit einer erhöhten aktiven Exploration, aber auch mit einer erhöhten kognitiven Überlastung verbunden war. Dies wiederum führte indirekt zu einer größeren Unterstützung der Mitarbeiter:innen von Veränderungen, trug aber auch zu einer erhöhten Frustration als unbeabsichtigte Folge der Arbeitsplatzkomplexität in Zeiten des Wandels bei.
Welche Rolle spielen gute Beziehungen der Kolleg*innen zueinander?
Die Forscherinnen fanden heraus, dass gute Beziehungen zu Kolleg:innen den Zusammenhang zwischen Arbeitsplatzautonomie (aber nicht Arbeitsplatzkomplexität) und aktiver Erkundung verstärkten, was letztlich die Unterstützung der Arbeitnehmer:innen für Veränderungen förderte. Gute Beziehungen zu Kolleg:innen hatten jedoch keinen Einfluss auf den Zusammenhang zwischen Arbeitsplatzautonomie und Arbeitsplatzkomplexität mit kognitiver Überlastung. Somit konnten gute Beziehungen zu Kolleg:innen die negativen Auswirkungen der Arbeitsplatzkomplexität auf die Frustration nicht abmildern.
Wie können Organisationen die Forschungsergebnisse für die effektivere Gestaltung ihrer Arbeit nutzen?
- Unternehmen sollten die Arbeitsplatzautonomie ihrer Mitarbeiter:innen unterstützen und fördern, indem sie ihnen beispielsweise erlauben, ihre Arbeit selbstständig zu planen. Dies kann die Unterstützung des Wandels durch eine aktivere Erkundung erleichtern und die Frustration der Mitarbeiter:innen durch eine geringere kognitive Belastung verringern.
- Die positiven Auswirkungen der Arbeitsplatzautonomie können durch einen sozialen Kontext verstärkt werden, der durch konstruktive, echte und kooperative Interaktionen zwischen den Kolleg:innen gekennzeichnet ist. Um eine solche positive soziale Atmosphäre zu schaffen, sollten Unternehmen Interaktionsmöglichkeiten schaffen, beispielsweise durch die Bereitstellung von Sozialräumen, in denen die Mitarbeiter:innen während der Arbeit Kontakte knüpfen können.
- Ein hybrides oder virtuelles Umfeld könnte die Interaktionsqualität innerhalb von Teams negativ beeinflussen, da Einzelne möglicherweise ein verstärktes Gefühl der Isolation und ein geringeres Gefühl der Unterstützung am Arbeitsplatz verspüren. Um diesem Risiko entgegenzuwirken, könnten Unternehmen die Einführung virtueller sozialer Rituale in Erwägung ziehen, z. B. die Einführung virtueller oder hybrider Kaffeepausen.
- Aufgabenkomplexität ist zwar vorteilhaft für die Unterstützung des Wandels durch aktives Erforschen, kann aber gleichzeitig zu Frustration führen, da die kognitive Überlastung angesichts des Wandels zunimmt. Auch wenn eine Verringerung der Aufgabenkomplexität in vielen Positionen nicht möglich ist, sollten Unternehmen die damit verbundenen potenziellen Nachteile erkennen. Um negativen Auswirkungen abzumildern, können Unternehmen die Entwicklung von Bewältigungsstrategien unterstützen sowie Plattformen schaffen, auf denen die Mitarbeiter:innen ihre Frustration abbauen können. So können beispielsweise Möglichkeiten für Mitarbeiter:innen, Beschwerden zu äußern, dazu beitragen, schlimmere Folgen zu verhindern.
Referenz:
Fasbender, U., & Gerpott, H. F. (2023). Designing work for change and its unintended side effects. Journal of Vocational Behavior, 145 (103913). doi: 10.1016/j.jvb.2023.103913 [PDF]
www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S0001879123000738
Freundschaften am Arbeitsplatz können Mitarbeiter*innen ein Gefühl der Zughörigkeit vermitteln. Die meisten Studien unterstreichen die positive Wirkung von Freundschaften am Arbeitsplatz wie beispielsweise ein höheres Wohlbefinden der Mitarbeiter*innen oder die Förderung von Kreativität und Innovation in der Organisation.
Doch haben Freundschaften am Arbeitsplatz ausschließlich positive Folgen? Um dieser Frage auf den Grund zu gehen, führte das Team um Prof. Dr. Ulrike Fasbender zwei umfassende Studien (mit jeweils über 400 Teilnehmern) in je drei Datenerhebungswellen durch. Denn die Erwartungen an Freund*innen und Kolleg*innen können widersprüchlich sein. Während man von Kolleg*innen Unparteilichkeit erwartet, erwarten wir von Freund*innen Zuneigung und Bevorzugung. Aus den Daten geht hervor, dass Freundschaften am Arbeitsplatz die Ressourcen zur Selbstregulation der Mitarbeiter*innen erschöpfen, weil diese Schwierigkeiten haben, die verschiedenen und teilweise widersprüchlichen Anforderungen beider Rollen (als Arbeitsplatzfreund*in und als Mitarbeiter*in) miteinander in Einklang zu bringen. Eine Reaktion hierauf ist unhöfliches Verhalten gegenüber Kolleg*innen, weil die Ressourcen zur Selbstregulation fehlen. Beide Studien zeigen, dass Freundschaften am Arbeitsplatz nicht direkt mit Unhöflichkeit zusammenhängen. Unhöflichkeit resultiert stattdessen indirekt aus der Erschöpfung selbstregulatorsicher Ressourcen durch Interrollenkonflikte. Zudem geht aus der Forschung hervor, dass das unhöfliche Verhalten sich vor allem gegen Kolleg*innen, die nicht in die Freundschaft involviert sind, richtet. Das kann wiedrum Folgen für die gesamte Organisation haben.
Welche Rolle spielt Selbstwirksamkeit mit Bezug auf Freundschaften am Arbeitsplatz?
Das Team um Prof. Dr. Fasbender konnte zeigen, dass auf Zwischenmenschlichkeit-bezogene Selbstwirksamkeit den Zusammenhang von Freundschaften am Arbeitsplatz und Rollenkonflikten abschwächt und daher die daraus resultierenden Folgen wie unhöfliches Verhalten gegenüber Kolleg*innen abpuffern kann. Selbstwirksamkeit beschreibt die Überzeugung einer Person, auch schwierige Situationen und Herausforderungen aus eigener Kraft erfolgreich bewältigen zu können. So kann eine hohe Selbstwirksamkeit Mitarbeiter*innen nachweislich helfen, mit herausfordernden Situationen effektiver umzugehen, auch bezogen auf zwischenmenschliche Prozesse. Aufgrund ihrer Erfahrungen mit zwischenmenschlichen Problemen umzugehen, können Personen mit hoher Selbstwirksamkeit ihre Freundschaften am Arbeitsplatz besser gestalten und ihre Rollen geschickter navigieren.
Wie können die negativen Folgen von Freundschaften am Arbeitsplatz vermieden werden?
Auch wenn Freundschaften am Arbeitsplatz mehrere Vorteile haben und das Arbeitsleben auf eine wichtige Art und Weise bereichern können, sollten sich Mitarbeiter*innen darüber im Klaren sein, dass diese mit „Risiken und Nebenwirkungen“ verbunden sind. Mitarbeiter*innen sollten sich daher mögliche Strategien im Umgang mit Freundschaften am Arbeitsplatz überlegen, um ihre sozialen Beziehungen effektiver gestalten zu können. Beispielsweise sollten Grenzen für die Verfügbarkeit von Freund*innen am Arbeitsplatz gesetzt werden, um tagsüber sowohl Zeit für die Arbeit als auch die freundschaftliche Interaktion zu schaffen, ohne die Ressourcen vollständig auszuschöpfen. Zudem sollte ein beiderseitiges Bewusstsein dafür geschaffen werden, dass Freunde sich im Arbeitskontext möglichst objektiv behandeln, beispielsweise gehört es dazu sich in Meetings konstruktiv zu kritisieren zu können, ohne das dies als eine Kritik an der Freundschaft verstanden wird.
Referenz (Zugang frei verfügbar):
Fasbender, U., Burmeister, A., & Wang, M. (2023). Managing the risks and side effects of workplace friendships: The moderating role of workplace friendship self-efficacy. Journal of Vocational Behavior, 143 (103875). doi:10.1016/j.jvb.2023.103875 [PDF]
https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0001879123000350
Der technologische Fortschritt und der damit einhergehenden Einsatz neuer Technologien am Arbeitsplatz verändern die Arbeitswelt grundlegend. Zusätzlich sorgt der demographische Wandel für eine altersdiversere Belegschaft in Unternehmen. Der Einstieg in die Rente erfolgt immer später und selbst der Renteneintritt bedeutet mittlerweile nicht mehr automatisch den Austritt aus dem Arbeitsleben – diese Entwicklungen machen es umso wichtiger, lebenslang den Umgang mit neuen Technologien zu erlernen.
Bisherige Forschung zeigt einen negativen Zusammenhang zwischen dem Alter und der Technologieakzeptanz. Doch warum ist das so?
Prof. Dr. Ulrike Fasbender und Laura Rinker von der Universität Hohenheim sowie Prof. Dr. Fabiola H. Gerpott von der WHU Otto Beisheim School of Management, machten es sich zur Aufgabe, diese Frage zu beantworten.
Zu diesem Zweck verbinden die Forscherinnen Erkenntnisse zu Altersprozessen mit Forschung zum Technologieeinsatz in Unternehmen. Die Basis bildet das Technologieakzeptanzmodell – es besagt, dass der wahrgenommene Nutzen und die wahrgenommene Benutzerfreundlichkeit die Einstellung gegenüber neuen Technologien bestimmen.
Diese Grundlage ergänzen Fasbender und Kolleginnen mit zwei altersspezifischen Prozessen: Einerseits mit einem Motivationspfad basierend auf der eigenen Zeitperspektive: Wie viel Zeit und Chancen sehe ich für mich noch in meiner beruflichen Zukunft? Je näher das gefühlte Ende des eigenen Arbeitslebens rückt, empfindet desto eingeschränkter kann diese Zeitperspektive werden. Dadurch könnte der persönliche Nutzen neuer Technologien in Frage gestellt werden.
Andererseits nehmen die Forscherinnen an, dass Alter die Technologieakzeptanz über einen Fähigkeitspfad beeinflusst. Dieser umfasst die wahrgenommene Entwicklung der eigenen kognitiven Leistungsfähigkeit: Habe ich das Gefühl, dass es mir mit steigendem Alter schwerer fällt, Informationen schnell zu verarbeiten und meine Arbeit zu organisieren? Solche Zweifel an der eigenen kognitiven Leistungsfähigkeit könnten dazu beitragen, dass man das Gefühl hat, dass das Erlernen neuer Technologien schwierig ist.
Diese Prozesse finden allerdings nicht in einem Vakuum statt, sondern werden etwa durch Führungskräfte beeinflusst. Daher betrachteten Fasbender und Kolleginnen das Konzept des Digital Leaders. Dieser Führungsstil wird durch eine positive Einstellung der Führungskraft gegenüber neuen Technologien geprägt. Die Vermutung: Digital Leader können die nachteiligen Auswirkungen des Alters auf die Technologieakzeptanz abfedern.
Wie steht es also um Alter und Technologieakzeptanz?
Um diese Zusammenhänge in der Praxis zu untersuchen, wurde eine umfassende Studie mit 643 Arbeitnehmer*innen aus verschiedenen Industrien in Deutschland durchgeführt.
Die Daten zeigen, dass mit steigendem Alter aufgrund motivationaler Prozesse wie erwartet die Technologieakzeptanz sinkt. Dabei wird die Akzeptanz für neue Technologie vor allem durch die wahrgenommenen zukünftigen Jobchancen, nicht aber die wahrgenommene verbleibende Zeit im Job geprägt. Dass Technologie als nützlich wahrgenommen wird, hängt also anscheinend vor allem damit zusammen, ob man selbst das Gefühl hat, dass die eigene berufliche Zukunft noch Perspektiven bereithält. Wie lange man noch erwartet zu arbeiten, spielt hingegen eine untergeordnete Rolle.
Überraschungen hielt allerdings der angenommene Fähigkeitspfad bereit: Während das Alter keinen Effekt auf die wahrgenommene Verarbeitungsgeschwindigkeit hatte, schien die wahrgenommene Fähigkeit zur Selbstorganisation mit dem Alter zu steigen. Entgegen der Hypothesen gaben jüngere Angestellte an, mehr Schwierigkeiten in ihrer Selbstorganisation zu empfinden als ältere Angestellte. So zeigte sich, dass das Alter sich entgegen der Annahmen über den Fähigkeitspfad positiv auf die Technologieakzeptanz auswirkte.
Erklärungsansätze für dieses unerwartete Ergebnis sehen Fasbender und Kolleginnen darin, dass ältere Mitarbeiter*innen über die Zeit Expertise und Wissen zur Selbstorganisation ansammeln, die jüngeren Arbeitnehmenden fehlen. Auch Überlegungen, dass jüngere Generationen durch Trends sozialer Medien allgemein eine geringere Aufmerksamkeits- und Konzentrationsspanne aufweisen könnten, bieten einen Ansatz für zukünftige Forschung, dieses Phänomen zu untersuchen.
Welchen Einfluss hat die Führungskraft?
Die bisherige Forschung konnte einen allgemein positiven Zusammenhang zwischen verschiedenen Führungsstilen und der Technologieakzeptanz etablieren. Die erhobenen Daten machen deutlich: Speziell Digital Leaders mildern die negativen Effekte, die Alter aufgrund der sinkenden Motivation auf die Technologieakzeptanz haben kann, ab. Digital Leaders tragen dazu bei, dass auch ältere Mitarbeiter*innen die Chancen, die Sie in ihrem zukünftigen Berufsleben erwarten, nicht aus den Augen verlieren.
Wie können Unternehmen ältere Mitarbeiter*innen für neue Technologien begeistern?
- Altersspezifische Mentorenprogramme können älteren Mitarbeiter*innen helfen, ihren Erfahrungsschatz weiterzugeben. Dies kann sich positiv auf ihre wahrgenommenen zukünftigen Jobchancen auswirken und ihre Motivation steigern.
- Auch Arbeitsmodelle, die mehr Autonomie zulassen, können die Zukunftsaussichten älterer Arbeitnehmender verbessern. Autonomie kann sich zum Beispiel in Bezug auf die Entscheidung über Arbeitsmethoden und Arbeitsorganisation zeigen.
- Organisationen sollten bedarfsgerechte Angebote für die Unterstützung von Angestellten hinsichtlich ihrer organisatorischen Fähigkeiten bereitstellen, zum Beispiel durch Interventionen oder die Einrichtung kollegialer Hilfsangebote.
- Unternehmen sollten Führungskräften dabei helfen, die notwendigen Kompetenzen zur Entwicklung zum Digital Leader zu erwerben, damit sie die positiven Effekte dieser Ausrichtung ausnutzen können. Dazu sollten die notwendigen Kompetenzen anhand von adäquaten Kompetenzmodellen evaluiert und gezielt gefördert werden.
Referenz (Zugang frei verfügbar):
Fasbender, U., Gerpott, F. H., & Rinker, L. (2023). Getting ready for the future, is it worth it? A dual pathway model of age and technology acceptance at work. Work, Aging and Retirement, 9 (4), 358-375. doi: 10.1093/workar/waac035 [PDF]
https://academic.oup.com/workar/advance-article/doi/10.1093/workar/waac035/6832114
Die Alterung der Gesellschaft erlangte in den letzten Jahren immer mehr Aufmerksamkeit, denn mit der Alterung der Gesellschaft steigt die Bedeutung einer späten und nachhaltigen Karriereentwicklung. Eine Verlängerung des Arbeitslebens kann hierbei durchaus positive Effekte haben, da geschätztes Wissen und Kompetenzen älterer Mitarbeitender erhalten bleiben. Jedoch kann die Aussicht auf zusätzliche Arbeitsjahre auch zu Trägheit und fehlender Motivation führen.
Welche Rolle spielen Alter bzw. Alternserfahrungen im Hinblick auf die Motivation?
Wie alt wir sind steht in unserem Personalausweis. Anders bezieht sich die Alternserfahrung auf die individuelle Wahrnehmung des Älterwerdens. Einerseits erleben wir persönliche Weiterentwicklung sowie zunehmende Selbstkenntnis, andererseits aber auch soziale Einbußen und körperliche Einschränkungen mit steigendem Alter. Dabei nimmt jeder Mensch den Alternsprozess individuell anders war.
Um zu verstehen welche Rolle das Alter bzw. die Alternserfahrungen im Hinblick auf das Engagement bei der Arbeit und die Motivation auch über das Renteneintrittsalter hinaus weiterarbeiten zu wollen spielen, führten Prof. Dr. Fasbender und Kolleg*innen eine umfassende Studie mit von 346 Berufstätigen im Alter von 40 bis 68 durch.
Alterungserfahrungen, psychologisches Kapital und Karriereentwicklung
In der Studie zeigte sich, dass auf der einen Seite persönliche Weiterentwicklung sowie zunehmende Selbstkenntnis das Arbeitsengagement und die Motivation über das Renteneintrittsalter hinaus weiterarbeiten zu wollen, stärken. Auf der anderen Seite führen soziale Einbußen dazu, dass das Arbeitsengagement und die Motivation weiterarbeiten zu wollen abnehmen. Körperliche Einschränkungen zeigten keinen Zusammenhang zum Arbeitsengagement und zur Motivation weiterarbeiten zu wollen.
Um diese Zusammenhänge besser zu verstehen, untersuchten die Forscher*innen auch die psychologischen Prozesse, also warum Alternserfahrungen unsere Karriere mitbestimmen.
Eine wichtige Rolle spielt hierbei das sogenannte „psychologisches Kapital“. Das psychologische Kapital umfasst ein adaptives Set psychologischer Ressourcen, darunter Selbstvertrauen, Hoffnung, Widerstandsfähigkeit und Optimismus.
Die Ergebnisse der Studie zeigten, dass Alterserfahrungen das psychologische Kapital jeweils vergrößern oder ausschöpfen, was wiederum erklärt, warum wir mehr oder weniger engagiert bei der Arbeit sind und entsprechend mehr oder weniger motiviert sind, über das Renteneintrittsalter hinaus weiterarbeiten zu wollen.
Was können Berufsberater*innen und Unternehmen tun, um Arbeitsengagement und Motivation (länger arbeiten zu wollen) zu stärken?
- Berufsberater*innen und Organisationen sollten sich darauf fokussieren, Wege zu finden, um die Zusammenstellung psychologischer Ressourcen (also das psychologische Kapital) zu stärken
- Organisationen können die Arbeit für ältere Mitarbeitende so gestalten, dass sie sowohl Lernen und persönliche Entwicklung als auch sozialen Austausch zwischen Mitarbeitenden ermöglicht
- Berufsberater*innen können das psychologische Kapital älterer Mitarbeitender durch Schulungsmaßnahmen stärken; die Vermittlung sollte dabei durch eine/n Trainer*in oder Berufsberater*in erbracht werden, da dies effektiver ist als Maßnahmen mit anderem Material (bspw. über online-Materialien). Dabei kann schon ein eintägiges Training das psychologische Kapital eines Menschen nachhaltig erhöhen.
Referenz (Zugang frei verfügbar):
Fasbender, U., Vignoli, M., & Topa, G. (2022). Understanding why aging experiences shape late career development: The mediating role of psychological capital. Career Development Quarterly. doi: 10.1002/cdq.12301 [PDF]
https://onlinelibrary.wiley.com/doi/full/10.1002/cdq.12301
Lange Zeit wurden ältere Mitarbeitende durch ihre Berufserfahrung als Wissenssender verstanden. Entsprechend hat sich die Forschung größtenteils mit Faktoren beschäftigt, die den Wissenstransfer von älteren zu jüngeren Kolleg*innen fördern. Die Bedeutung des Wissenstransfers andersrum, also von jüngeren an ältere Mitarbeitende, wurde bislang vernachlässigt. Eigentlich ist das erstaunlich, wenn man bedenkt, dass dieser in anderen Lebensbereichen gang und gäbe ist – Eltern lernen von ihren Kindern was die neusten Social Media Trends sind; Großeltern erfahren von ihrem inzwischen berufstätigen Nachwuchs wie Video-Calls funktionieren. Nur im Unternehmenskontext wird das Thema umgekehrter Wissenstransfer eher stiefmütterlich behandelt. Dabei ist das kontinuierliche Lernen älterer Mitarbeitender relevant, damit sie auch in Zukunft bei sich ständig ändernden Anforderungen in ihrem Beruf bzw. in ihrer Organisation Spaß haben und sich kompetent fühlen. Darüber hinaus tragen wissensbezogene Interaktionen zwischen älteren und jüngeren Mitarbeitenden entscheidend zum Unternehmenserfolg bei. Jüngere Kolleg*innen können hierbei zum Beispiel für technisches Wissen und aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse gute Ansprechpartner*innen sein.
Das Einholen von Wissen ist jedoch eine aktive und auch anstrengende Tätigkeit, die intrinsisch motiviert sein muss (also einem eigenen Antrieb entstammt). Wie kann also der Wissenserwerb älterer von jüngeren Kolleg*innen mithilfe von inklusiven HR-Maßnahmen gefördert werden?
Die Studie von Prof. Dr. Fasbender und Prof. Dr. Gerpott an 502 Mitarbeitenden befasst sich mit ebendieser Fragestellung und zieht dafür die Theorie des sozialen Lernens hinzu:
Welche Rolle spielen der soziale Kontext und persönliche Faktoren?
Ausgehend von der Theorie des sozialen Lernens gehen wir von zwei Pfaden aus, über die altersinklusive HR-Maßnahmen das Entwicklungsstreben älterer Mitarbeitender und dadurch den Wissenstransfer von jüngeren Kolleg*innen fördern können. Das Entwicklungsstreben bezeichnet hierbei die Motivation zu wachsen, die eigene Kompetenz zu erhöhen und bei der Arbeit etwas Neues zu meistern oder zu verstehen. Mit altersinklusiven HR-Maßnahmen sind Praktiken, die darauf abzielen, Chancengleichheit für Mitarbeitende aller Altersgruppen zu schaffen. Dazu gehören beispielsweise der gleiche Zugang zu Trainings- und Weiterbildungsangeboten oder die Förderung einer „altersfreundlichen“ Unternehmenskultur, in der die Leistung aller Altersgruppen wertschätzt wird.
Wie Kontaktqualität den Wissenstransfer verbessert
Die Bereitschaft von jemand anderem etwas zu lernen, hängt maßgeblich von der Beziehung der/s Lernenden zum Wissenssender ab. In der durchgeführten Studie hatten altersinklusive HR-Maßnahmen einen positiven Effekt auf das Entwicklungsstreben älterer Mitarbeitender durch eine Verbesserung der Kontaktqualität. Während negativer Kontakt zu einem Vermeidungsverhalten führte, trug positiver Kontakt zu jüngeren Kolleg*innen dazu bei, dass ältere Mitarbeitende weniger besorgt über eigene Leistungsdefizite waren und sich weiterbilden wollten. Kolleg*innen wurden weniger als Konkurrenz wahrgenommen und unterstützen sich stattdessen gegenseitig.
Zukünftige Chancen sind ein wichtiger Motivationstreiber
Die Motivation, etwas Neues zu erlernen, hängt stark von der Erwartungshaltung ab, ob das erlernte Wissen angewendet werden kann. Wie ältere Mitarbeitende ihre Zukunftsperspektive sehen, wird dabei durch altersinklusive HR-Maßnahmen geprägt. Die altersinklusiven HR-Maßnahmen vermitteln älteren Mitarbeitenden, dass das Unternehmen ihnen langfristige Karriere-Möglichkeiten bieten möchte. Durch eine langfristige und positive Zukunftsperspektive fühlen sich ältere Mitarbeitende motiviert, sich weiterzubilden.
Darüber hinaus geht aus der Studie hervor, dass ein höheres Entwicklungsstreben dazu führt, dass ältere Mitarbeitende eher Wissen von jüngeren Kolleg*innen einholen. Demnach haben altersinklusive HR-Maßnahmen durch das Aufzeigen von Zukunftschancen einen bedeutenden Effekt auf das aktive Einholen von Wissen älterer Mitarbeitender von jüngeren Kolleg*innen. Daraus lässt sich schließen, dass altersinklusive HR-Maßnahmen eine wichtige Rolle für den langfristigen Unternehmenserfolg einnehmen.
Was können Unternehmen tun, um ältere Mitarbeitende gezielt zu fördern?
Unternehmen sollten eine Umgebung schaffen, in der die Lernbereitschaft älterer Mitarbeitender unterstützt wird. Dies kann durch folgende Maßnahmen geschehen:
- Ein Angebot weitreichender Möglichkeiten zur Zusammenarbeit und Interaktion für ältere und jüngere Mitarbeitende (z.B. abteilungsübergreifende Projektteams oder Expertennetzwerke)
- Für den Abbau von Stereotypen könnten Trainingsprogramme für jüngere Mitarbeitende angeboten werden, in denen sie für das Entwicklungsstreben ihrer älteren Kolleg*innen sensibilisiert werden und zusätzlich Strategien zur Wissensweitergabe vermittelt bekommen
- Umgedrehte Mentoringprogramme, auch genannt Reverse Mentoring (jüngere Mitarbeitende als Mentoren älterer Kolleg*innen)
- Mitarbeitende unterschiedlicher Altersgruppen sollten zur Teilnahme an Trainings ermutigt werden, die ihnen helfen, ihr eigenes Wissen zu identifizieren und zu erkennen, was sie voneinander lernen können (z.B. beim Durcharbeiten eines strukturierten Prozesses)
Referenz (Zugang frei verfügbar):
Fasbender, U., & Gerpott, F. H. (2022). Why do or don’t older employees seek knowledge from younger colleagues? A relation–opportunity model to explain how age-inclusive human resources practices foster older employees’ knowledge seeking from younger colleagues. Applied Psychology: An International Review, 71 (4), 1385-1406. doi:10.1111/apps.12362 [PDF]
https://iaap-journals.onlinelibrary.wiley.com/doi/full/10.1111/apps.12362
Wir verbringen im Durchschnitt knapp 90.000 Stunden unseres Lebens bei der Arbeit. Kein Wunder, dass wir bei dieser beträchtlichen Summe als soziale Wesen einen Teil des alltäglichen sozialen Austauschs gerade dort suchen – zum Beispiel in Arbeitsfreundschaften.
Der Arbeitsplatz ist Treffpunkt für Menschen unterschiedlichen Alters und bietet Raum, um Freundschaften zu anderen Altersgruppen zu entwickeln.
Begünstigt durch den steigenden Anteil älterer Beschäftigter und zunehmend altersdiversere Belegschaften, sind Freundschaften zwischen jüngeren und älteren Mitarbeitern keine Seltenheit mehr. Dies stellt Unternehmen vor eine neue Herausforderung: die Beziehungen zwischen Mitarbeitern unterschiedlichen Alters zu managen.
Doch welche Auswirkungen haben altersdiverse Freundschaften am Arbeitsplatz und wie lassen sich diese verstehen? Um diesen Fragen auf den Grund zu gehen, haben Prof. Dr. Ulrike Fasbender von der Universität Hohenheim und Dr. Lisbeth Drury vom Birkbeck College, University of London, eine Studie durchgeführt.
Die Wissenschaftlerinnen haben 93 Tandems bestehend aus Mitarbeitenden unterschiedlichen Alters befragt, um zu erfahren, wie sich die Freundschaft zwischen ihnen auf ihre Motivation, Arbeitszufriedenheit und die Absicht, in ihrem Unternehmen zu bleiben, auswirkt. Ihre Ergebnisse deuten sowohl auf positive als auch auf negative Konsequenzen hin.
Welche Vorteile haben altersgemischte Freundschaften am Arbeitsplatz?
Unsere Forschung ergab, dass altersgemischte Freundschaften die Kooperationsmotivation der Mitarbeitenden positiv begünstigen.
Der Grund dafür liegt in der „Selbstexpansion“. Die Selbstexpansionstheorie besagt, dass enge Beziehungen es Menschen ermöglichen, ihr Selbst zu erweitern, indem sie die Ressourcen, Perspektiven und Identitäten einer anderen Person psychologisch als die eigenen beanspruchen. Wenn Menschen bedeutungsvolle Freundschaften schließen, werden das Selbst und der andere als „eins“ wahrgenommen.
Bei altersgemischten Freundschaften am Arbeitsplatz können Mitarbeitende die Erfolge oder Misserfolge befreundeter Kolleg*innen als ihre eigenen betrachten, sodass sie motivierter sind, zusammenzuarbeiten, um für beide Seiten vorteilhafte Ergebnisse zu erzielen.
Wenn altersgemischte Freundschaften zu Konflikten führen
Altersgemischte Freundschaften unterstützen zwar die generationsübergreifende Zusammenarbeit, erzeugen aber auch Konflikte, wenn zwischen der formellen Rolle des Mitarbeitenden und der informellen Rolle des Freundes unvereinbare Anforderungen entstehen. Dies gilt insbesondere für altersgemischte Arbeitsfreundschaften, bei denen Mitarbeiter*innen unterschiedlichen Alters einen unterschiedlichen Status in der Organisation haben können.
Dieser Interrollenkonflikt geht mit einer geringeren Arbeitszufriedenheit und einer erhöhten Absicht einher, sich einen Job anderswo zu suchen.
Was bedeutet das für Führungskräfte?
Unsere Ergebnisse zeigen, dass altersdiverse Freundschaften am Arbeitsplatz sowohl positive als auch negative Folgen haben können. Einerseits fördern solche Freundschaften die Motivation und Zusammenarbeit. Andererseits kann der Zwiespalt zwischen den Rollen als „Kolleg*in“ und „Freund*in“ Mitarbeitende zusätzlich unter Druck setzen und so zu einer höheren Fluktuation beitragen.
Daher ist es wichtig, dass Führungskräfte die Möglichkeit bieten, altersgemischte Freundschaften am Arbeitsplatz zu entwickeln und Unterstützung geben, um Rollenkonflikte zu vermeiden. Führungskräfte können beispielsweise:
1. Freundschaften am Arbeitsplatz unterstützen
Toleranz gegenüber informellem Austausch zwischen Mitarbeitenden zu zeigen, könnte die Entwicklung von Arbeitsplatzfreundschaften unterstützen. Organisationen können auch soziale Räume bereitstellen, wie z. B. informelle Sitzgelegenheiten in Gemeinschaftsbereichen oder ausgewiesene Pausenräume, in denen Mitarbeitende interagieren können. Ein besonderes Augenmerk kann dabei darauf liegen, unterschiedliche Altersgruppen zusammen zu bringen – zum Beispiel, indem gemeinsame Erfolge gefeiert werden.
2. Formale Organisationsstrukturen neu gestalten, um die Zusammenarbeit zwischen Mitarbeitenden unterschiedlicher Altersgruppen zu fördern
Überlegen Sie, wie Arbeitsplätze altersdiversen Mitarbeitenden zugewiesen werden könnten, um Möglichkeiten für Zusammenarbeit und Freundschaften zu schaffen.
Ein guter Ausgangspunkt können Projekte sein, in denen altersgemischte Kolleg*innen einzelne Aufgaben im Einklang mit einem gemeinsamen Gesamtziel erledigen, dann gemeinsam Ergebnisse bündeln und die gewonnenen Erkenntnisse zusammenführen. Durch die tiefgreifende Interaktion während Aufgaben, bei denen altersgemischten Kolleg*innen voneinander abhängig sind, können sie ein Verständnis für Gemeinsamkeiten ungeachtet des Altersunterschieds entwickeln.
3. Mitarbeitende vor Rollenkonflikten schützen
Organisationen sollten Rollenkonflikte entschärfen, um zu vermeiden, dass altersdiverse Freundschaften zu Arbeitszufriedenheit und Kündigungsabsichten führen.
Eine Möglichkeit für Unternehmen besteht darin, Ressourcen bereitzustellen, die es den Mitarbeitern erlaubt, ihre möglichen Rollenkonflikte erfolgreicher zu jonglieren. Darüber hinaus können Organisationen auch über interne Richtlinien Klarheit und Orientierung bieten, um die Mitarbeitenden bei den „Do‘s and Don’ts“ altersgemischter Freundschaften bei der Arbeit zu unterstützen.
Referenz (Zugang frei verfügbar):
Fasbender, U. & Drury, L. (2022). One plus one equals one: Age-diverse friendship and its complex relation to employees’ job satisfaction and turnover intentions. European Journal of Work and Organizational Psychology, 31 (4), 510-523. doi:10.1080/1359432X.2021.2006637 [PDF]
https://www.tandfonline.com/doi/full/10.1080/1359432X.2021.2006637
Für weitere Informationen zum Thema (Zugang frei verfügbar):
Dietz, L., & Fasbender, U. (2022). Age-diverse workplace friendships: A systematic literature review and recommendations for future research. Work, Aging and Retirement, 8 (2), 163-197. doi:10.1093/workar/waab028 [PDF]
https://academic.oup.com/workar/advance-article/doi/10.1093/workar/waab028/6428117
Deutschlandfunk Nova, Podcast mit Prof. Dr. Ulrike Fasbender (2022):
Wenn wir im Job Freundschaften knüpfen
https://www.deutschlandfunknova.de/beitrag/offenheit-wenn-wir-im-job-freundschaften-kn%C3%BCpfen